Ein Erfahrungsbericht aus Gutachtersicht
Im Frühjahr 2024 wurde die Ecosens AG von einem Herrn kontaktiert, der in der Region Winterthur ein Bauernhaus mit angebauter Scheune besitzt. Es handelt sich dabei um sein Elternhaus, in dem er aufgewachsen ist. Nach seinen Erinnerungen aus der Kindheit sei das gesamte Holzwerk der Scheune in den 1960er-Jahren gegen den Befall mit Hausbock und weiteren Schädlingen mit Holzschutzmitteln (HSM) behandelt worden. Das habe zu einer «Vergiftung» von Milch sowie Heu und sogar zu gesundheitlichen Problemen bis zu Totgeburten bei den Kühen geführt. Die Milch habe in der Folge der Behandlung mit HSM in der Jauchegrube entsorgt oder sogar verbrannt werden müssen.
Die Scheune sowie das angrenzende Wohnhaus befinden sich in einem seit den 1960er Jahren weitgehend unveränderten Zustand. Das Wohnhaus wird aktuell von einem Angehörigen bewohnt.
Der Eigentümer wandte sich an die Ecosens AG mit der Frage, wie das Haus sowie die Scheune zukünftig genutzt werden können. Im Raum stehen dabei entweder eine Sanierung des Gebäudes mit Umnutzung der Scheune zu Wohnraum oder ein Rückbau des Gebäudes. Es ist zu klären, ob auch Jahrzehnte nach der mutmasslichen Behandlung noch Holzschutzmittel-Belastungen in der Bausubstanz nachweisbar sind. Die Untersuchungsresultate sollen als Grundlage für die Entscheidung hinsichtlich der zukünftigen Nutzung des Gebäudes dienen.
Liegt ein Verdacht bezüglich der Verwendung von HSM vor, lässt sich durch die Entnahme von Materialproben der Holzbauteile sowie durch die Beprobung des Liegestaubs die Belastungssituation schnell und kostengünstig eruieren. Aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften (schwerflüchtig) reichern sich HSM üblicherweise im Staub an. Staub stellt somit ein ideales Medium dar, um den Verdacht einer Anwendung von HSM zu überprüfen.
Aus diesem Grund wurden im Frühjahr 2024 durch den Gutachter sechs Materialproben der Balken der Scheune sowie des Dachbodens des Wohnhauses entnommen. Da damit zu rechnen war, dass die HSM-Behandlung oberflächlich erfolgte, wurden Holzspäne abgehobelt. Zusätzlich wurde in der Scheune eine Mischprobe des Liegestaubs entnommen.
Im Rahmen der Begehung vor Ort wurde der Eigentümer intensiv zur mutmasslichen Behandlung der Scheune befragt. Dieser konnte die damaligen Vorgänge aus seiner Erinnerung lebhaft rekonstruieren.
Im Anschluss an die Begehung vor Ort durchforstete der Kunde nochmals den Nachlass seiner Eltern und konnte der Ecosens AG diverse Dokumente aus den Jahren 1967 – 1972 zustellen. Diese belegen eindeutig, dass das Gebäude mit Insektiziden behandelt wurde und dadurch das Heu und die Milch stark kontaminiert wurden.
Aus Gutachtersicht stellte sich die Frage, ob es sich bei der vorbeugenden und systematischen Behandlung der Scheune mit Insektiziden um einen Einzelfall handelte, weshalb eine Literaturrecherche in öffentlich zugänglichen Archiven von Zeitungen und Zeitschriften durchgeführt wurde. Bei der Recherche wurden rasch Dokumente gefunden, die zeigen, dass die grossflächige Behandlung von Scheunen mit Holzschutzmitteln in den 1960er-Jahren weit verbreitet war. Der folgende Abschnitt basiert auf einem im Jahr 1972 in der schweizerischen Zeitschrift für Forstwesen publizierten Artikel zu Pflanzenschutz und Umwelt [1] sowie einer Interpellation von Curt Signer (Kantonsrat der Sozialdemokratischen Partei) vom 3. Februar 1969 über Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln in Lebensmitteln im Kantonsrat des Kantons Zürich [2].
Im Frühjahr 1968 kam es zu einem Skandal, als die USA den schweizerischen Exportkäse wegen zu hoher Pestizidrückstände beanstandete und zurücksandte. Die Eidgenössische Forschungsanstalt Wädenswil (heute Agroscope) wurde damit beauftragt die Kontaminationsquellen ausfindig zu machen. Durch die tatkräftige Mitwirkung von kantonalen Laboratorien und der Industrie gelang es bis im Herbst 1968 die wichtigste Quelle ausfindig zu machen.
Das in der Lebensmittelverordnung aus dem Jahr 1936 vorgesehene jährlich zweimalige Weisseln mit Kalkmilch oder blosse Reinigen der Ställe wurde ab den 1950er-Jahren mehr und mehr mittels chemischer Mittel, wie z.B. mit dem Produkt «Pintox», vollzogen. Dabei handelt es sich um ein Stallweisselmittel mit Zusätzen von Insektiziden (DDT, Dieldrin, Hexachlorcyclohexan resp. Lindan), das auf Empfehlung der Milchverbände in vielen Gemeinden jeweils in den meisten Ställen angewandt wurde. Die im Stallweisselmittel enthaltenen Insektizide gehören alle zur Gruppe der Organochlorpestizide. DDT und Lindan sind wahrscheinlich den meisten Lesern ein Begriff. Der Einsatz von Dieldrin als Holzschutzmittel ist hingegen weniger bekannt. Bei Dieldrin handelt es sich um ein hochwirksames Insektizid, das häufig als Kontakt- und Frassgift gegen Insekten eigesetzt wurde. Es ist mit grosser Wahrscheinlichkeit krebserregend und wie auch andere Organochlorpestizide persistent (wird nur sehr langsam abgebaut) und reichert sich in Organismen an (bioakkumulativ). Ziel des Einsatzes von «Pintox» war die präventive und gelegentlich auch akute Bekämpfung des Hausbocks im Dachgebälk von Scheunen und Wohnhäusern.
Curt Signer führte dazu in seiner Interpellation im Jahr 1969 aus: «Es grenzt geradezu an Fahrlässigkeit, wenn man weiss, dass diese giftigen Mittel in den Scheunen versprüht wurden, ohne die eingelagerten Heuvorräte genügend abzudecken. Allein im Kanton Zürich wurden letztes Jahr rund 100 Scheunen auf diese Weise behandelt. Ob der Bedenkenlosigkeit der verantwortlichen chemischen Fabriken und dem viel zu lange Zögern der wissenschaftlichen Fachleute können wir heute nur noch staunen. Es ist bekannt, dass vor allem eine Holzimprägnierungsfirma den Bauern das Weisse vom Himmel zu malen verstand und sie von der Notwendigkeit solcher Scheunenbehandlungen zu überzeugen vermochte, deren eine nota bene 10’000 Franken kostete.»
Im Elternhaus unseres Auftraggebers sei es gemäss seinen Erinnerungen genau wie oben beschrieben abgelaufen. Im Jahr 1967 wurden seine Eltern von zwei Vertretern einer Bautenschutz-Firma besucht, die die Scheune besichtigten. Aufgrund eines kleinflächigen Befalls von Holzbalken empfahlen die Vertreter eine Behandlung der gesamten Scheune sowie des Dachstockes des angrenzenden Wohnhauses mit Insektiziden. Gemäss der uns vorliegenden Original-Auftragsbestätigung betrugen die Kosten für die Behandlung von Wohnhaus und Scheune CHF 10’600.-. Was gerade zu der damaligen Zeit ein beträchtlicher Betrag war, lag doch der durchschnittliche Jahreslohn im Jahr 1967 bei rund CHF 16’000.-.
Die Holzschutzmittel-Belastungen können über verschiedene Wege in die Kühe und somit in die Milch gelangen. Neben der direkten Aufnahme durch Ablecken von behandeltem Holz sowie dem Einatmen von belasteter Stallluft oder Staub erfolgt die Aufnahme vor allem über in der Scheune eingelagerte Futtermittel wie Heu. Besonders problematisch ist, dass insbesondere in den heissen Sommermonaten die Wirkstoffe aus den Holzbalken ausgasen und das frisch eingelagerte Heu rasch kontaminieren. Wenn das Milchvieh im Herbst und Winter wieder mit Heu gefüttert wird, steigt auch die Belastung der Milch an und erreicht im Frühjahr die höchsten Werte.
Zur Sanierung wurden verschiedene Schutzanstriche geprüft, die das Ausblühen und Verdampfen von Holzschutzmittel hätten verhindern sollen. Gemäss den Studien der Forschungsanstalt Wädenswil blieben allerdings alle diese Versuche ohne positives Ergebnis, denn es wurde nachgewiesen, dass die Wirkstoffe alle Schutzschichten durchdringen konnten und so die Futtervorräte von neuem vergifteten. Zudem zeigte sich, dass die Kontaminationen des Heus und damit der Milch auch über mehrere Jahre nur sehr langsam zurück gingen. So lieferte ein Betrieb aus einer zürcherischen Gemeinde im Herbst 1968 Milch mit einem Dieldringehalt von 140 ppb und im Herbst 1971, also nach drei vollen Jahren, von immer noch 120 ppb. Die toxikologische Limite für Dieldrin in der Milch lag damals bei 5 ppb und wurde somit bei diesem Hof um mehr als einen Faktor 20 überschritten.
Solange stark belastete Milch in einen grossen Milchstrom fliesst und mit unbelasteter Milch verdünnt wird, bestehe zwar für den Menschen keine unmittelbare Gefahr. Wenn aber die belastete Milch des Hofes als Eigenbedarf konsumiert wird, so wird die Toleranzgrenze deutlich überschritten. Curt Signer hält dazu fest: «Dass hierbei vor allem die Kinder unmittelbar gefährdet sind, wird wohl jedermann einleuchten, insbesondere weil noch bekannt wurde, dass sogar Milchtiere durch Insektizide erkrankt sind.»
Anhand der uns vom Auftraggeber zugestellten Dokumente lassen sich die Vorgänge auf seinem Hof gut nachverfolgen. Nach dem Auftragen der Insektizide im Jahr 1967 wurde das Heu in der Scheune im Februar 1969 vom damaligen Zürcher Kantonschemiker Dr. Ernst Roman untersucht. Dabei wies das an der Aussenwand der Scheune anliegende Heu hohe Lindan und Dieldrin-Konzentrationen von bis zu 50 mg/kg auf. Es wurde deshalb verfügt, dass das Heu auf keinen Fall verfüttert werden darf und zu entfernen und zu verbrennen ist.
Im April 1969 erfolgte schliesslich eine Verfügung betreffend einer Milchsperre. Darin wird festgehalten, dass die Milch unter Aufsicht der Gesundheitsbehörde mit einem Farbstoff bis zur deutlichen Färbung zu denaturieren und anschliessend auf unschädliche Art (Jauchegrube) zu beseitigen sei. Mitte 1970 wurde die Milch erneut untersucht und aufgrund der starken Belastungen weiterhin und bis zum Vorliegen von «günstigeren» Untersuchungsresultaten für den Verzehr oder die Verfütterung gesperrt. Zusätzlich wurde im Jahr 1970 verfügt, dass in der Scheune aufgrund der Belastung bis auf Weiteres kein Heu mehr eingelagert werden darf. Das entsprechende Schreiben kam vom Milchverband Winterthur. Es war an «Verbandsmitglieder, deren Scheunen gegen Hausbock behandelt worden sind» adressiert. Es scheinen also in der Region Winterthur diverse weitere Betriebe betroffen gewesen zu sein.
Diese Vorkommnisse seien ein Faktor dafür gewesen, dass die Eltern unseres Auftraggebers im Jahr 1973 die landwirtschaftliche Tätigkeit auf dem Hof einstellten. Ein Gerichtsprozess seiner Eltern gegen die Bautenschutz-Firma sei erfolglos verlaufen. Ein Hauptgrund dafür dürfte gewesen sein, dass die Firma eine offizielle Bewilligung zur Abgabe dieser Holzschutzmittel von der Direktion des Gesundheitswesens des Kantons Zürich vorweisen konnte (Dokument liegt dem Gutachter vor).
Als Folge dieser Krise ersuchte die Eidgenössischen Forschungsanstalt Wädenswil im Frühjahr 1970 das Eidgenössische Gesundheitsamt, die Verwendung einer ganzen Reihe von chlorierten Kohlenwasserstoffen in Haushalt und Gewerbe zu verbieten. Mit Inkrafttreten der Verordnungen zum eidgenössischen Giftgesetz im Jahr 1972 wurde die Verwendung von Holzschutzmitteln, die Dieldrin, Aldrin, Lindan und DDT enthalten, verboten. Pentachlorphenol (PCP) hingegen wurde bis in die 1980er-Jahre hinein als Wirkstoff in Holzschutzmitteln verwendet. Erzeugnisse mit solchen Wirkstoffen durften in der Schweiz noch bis im Jahr 1989 hergestellt, abgegeben oder eingeführt werden
Aufgrund der seit der Probenahme erhaltenen Informationen und Dokumente, wurden die Analysenresultate der Material- und Staubproben aus Scheune und Wohnhaus unseres Kunden mit Spannung erwartet. Es stellte sich nämlich die berechtigte Frage, ob auch rund 55 Jahre nach der Behandlung in den Proben noch Holzschutzmittel nachweisbar sind.
Tatsächlich wurden in sämtlichen entnommenen Proben die Holzschutzmittel Dieldrin und Lindan in erhöhten Konzentrationen nachgewiesen. Die Konzentration von Dieldrin lag in allen Proben, auch in der Staubprobe, in einem sehr ähnlichen Bereich von 20 – 26 mg/kg, die Konzentration von Lindan mit rund 3.3 – 13 mg/kg etwas tiefer. Daneben wurden in einigen Proben geringe Konzentrationen von DDT und PCP nachgewiesen (< 2 mg/kg). Interessanterweise waren mit Ausnahme eines einzelnen Balkens keine weissen Beläge erkennbar, die visuell auf eine Weisselung respektive Belastung mit Holzschutzmitteln hinweisen würden.
Es liegen uns keine Informationen zur Belastung des Holzes mit Dieldrin und Lindan kurz nach der Behandlung vor. Da das an der Aussenwand gelagerte Heu im Jahr 1969 mit 50 mg/kg Dieldrin belastet war, ist davon auszugehen, dass kurz nach der Behandlung deutlich höhere Konzentrationen im Holz vorlagen. Dennoch zeigt diese Untersuchung eindrücklich die geringe Abbau- resp. Freisetzungsgeschwindigkeit von Holzschutzmitteln in Gebäuden, da selbst 50 Jahre nach einer oberflächlichen Anwendung noch deutlich erhöhte Belastungen nachgewiesen werden können. Die sehr homogene Belastungssituation der Holzbalken zeigt, dass damals tatsächlich alle freiliegenden Oberflächen der Scheune behandelt wurden.
Nach der Übermittlung dieser Analysenresultate an den Kunden, stellte dieser die entscheidende Frage, was die nachgewiesenen Belastungen nun für eine allfällige Weiternutzung oder einen Rückbau der Scheune bedeuteten. Eine Beantwortung dieser Frage ist nicht trivial. In der Schweiz bestehen nämlich kaum explizite Vorschriften bezüglich des Umgangs mit Gebäuden mit HSM-Belastungen. Üblicherweise wird deshalb auf die deutsche PCP-Richtlinie [3] verwiesen. Dabei wird angenommen, dass die darin vorgegebenen Richtwerte für PCP sinngemäss auch auf weitere Chlorkohlenwasserstoffe (wie z.B. Lindan oder DDT) angewendet werden können.
Bei einem Rückbau der Scheune gilt aus unserer Sicht Folgendes:
Gemäss der Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (VVEA) gelten Holzbalken, die Beschichtungen aus halogenorganischen Verbindungen (wie HSM) aufweisen, als problematische Holzabfälle und müssen der thermischen Entsorgung in einer bewilligten Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) oder im Zementwerk zugeführt werden. Zur Einstufung als problematischer Holzabfall wird allerdings nur für PCP ein Grenzwert (> 5 mg/kg) vorgeben (VVEA, Anhang 7, Absatz 2). Für andere Holzschutzmittel bestehen keine expliziten Grenzwerte. Gemäss der gängigen Praxis wird aber üblicherweise eine Belastung mit vergleichbaren HSM wie Lindan, DDT oder Dieldrin analog bewertet.
Dennoch muss festgehalten werden, dass gemäss VVEA vor einer Entsorgung von Holz nur Analysen auf PCP vorgeschrieben werden. Im vorliegenden Objekt lag die Konzentration von PCP bei maximal 0.2 mg/kg. Bei einer Analyse des Holzes auf die Einzelsubstanz PCP, wäre es gemäss VVEA als unbehandelt eingestuft worden und hätte der stofflichen Verwertung (Recycling) zugeführt werden dürfen.
Neben einem Rückbau steht für den Eigentümer auch eine Umnutzung der Scheune zu Wohnraum zur Diskussion. Dabei stellt sich die Frage, ob die im Holz nachgewiesenen Belastungen zu einer möglichen Gesundheitsgefährdung für zukünftige Bewohnende führen könnten. Diese Frage konnte dem Kunden auf der Basis der Untersuchungsresultate nicht abschliessend beantwortet werden.
Zur Beurteilung einer möglichen gesundheitlichen Gefährdung ist die Durchführung von Raumluftmessungen und der anschliessende Vergleich mit toxikologisch abgeleiteten Richtwerten nötig. Bei einer Umnutzung von Scheunen oder Dachgeschossen zu Wohnräumen wird allerdings üblicherweise der Luftwechsel drastisch reduziert. Dies bedeutet, dass aufgrund von Luftmessungen in der aktuell ungedämmten und stark durchlüfteten Scheune keine qualifizierten Aussagen über eine mögliche zukünftige Belastung der Raumluft nach dem Umbau gemacht werden können. Aus diesem Grund wurde in der aktuellen Phase auf Luftmessungen verzichtet.
Zur orientierenden Bewertung der HSM-Belastung in Hausstaub und Materialproben können die Beurteilungswerte gemäss ecobau herangezogen werden. Eine Überschreitung des Eingreifwerts bedeutet dabei, dass eine Sanierung unverzüglich anzugehen ist. Nach einer Sanierung sollte die Belastung den Sanierungszielwert nicht überschreiten, um eine gesundheitliche Gefährdung ausschliessen zu können.
Mit maximalen Konzentrationen von 26 mg/kg in Holz und Staub werden die Eingreifwerte gemäss ecobau in diesem Objekt zwar unterschritten. Die Sanierungszielwerte werden allerdings deutlich überschritten. Liegen die Werte zwischen Eingreif- und Sanierungszielwert, dann sollte aus Gründen der Vorsorge die Schadstoffsituation verbessert werden, so dass am Ende möglichst der Sanierungszielwert erreicht wird.
Im Gutachten wurde dem Kunden mitgeteilt, dass bei einem geplanten Umbau zusätzliche Untersuchungen hinsichtlich der Belastungssituation nötig wären (z.B. Bestimmung Eindringtiefe HSM). Aufgrund der vorliegenden Resultate und der vollflächigen Behandlung aller Balken ist allerdings davon auszugehen, dass im Rahmen eines Umbaus mit grosser Wahrscheinlichkeit eine fachgerechte Sanierung der Holzschutzmittel-Belastungen vorgenommen werden muss. Die Eingrifftiefe der Sanierungsmassnahmen hängt von der geplanten späteren Nutzung, dem Vorkommen von freiliegenden Holzbalken in Wohnräumen, dem Luftwechsel sowie weiteren Faktoren ab und ist aktuell nicht genau abschätzbar.
Dieses Praxisbeispiel zeigt auf, welche Folgen die unkritische Verwendung von Chemikalien auch Jahrzehnte später noch haben können. Aus unserer Sicht lassen sich daraus folgende Schlüsse ableiten:
Auch 50 Jahre nach dem Verbot von diversen Organochlorpestiziden sind entsprechende Belastungen noch von Relevanz. Gemäss dem Bericht zu Pflanzenschutz und Umwelt [1] wurden mehrere hundert Scheunen bei diesen «Stallweisselungs-Aktionen» mit Holzschutzmitteln belastet. Daneben wurden Holzschutzmittel auch vorbeugend oder nach einem Befall in vielen weiteren Gebäuden oder Dachstöcken eingesetzt. Insbesondere bei einer geplanten Umnutzung sind ältere Gebäude mit relevantem Anteil an Holzbauteilen systematisch auf Holzschutzmittel zu untersuchen.
Mit der Entnahme von Material- oder Staubproben lässt sich eine Verwendung von Holzschutzmitteln im Gebäude in der Regel schnell und kostengünstig nachweisen. Bei der Entnahme von Materialproben ist allerdings darauf zu achten, dass immer Mischproben von mehreren Balken entnommen werden. Dadurch lässt sich das Risiko einer falsch negativen Analyse bei einer lokalen Behandlung von einzelnen Balken reduzieren. Da sich Holzschutzmittel an Staubteilchen anlagern und diese anschliessend in Innenräumen verteilt werden, lassen sich in Staubproben HSM üblicherweise auch bei lokaler Anwendung nachweisen. Zur Durchführung von Luftmessungen sind weiterführende Fachkenntnisse nötig. Dabei haben die Messbedingungen (Temperatur, Luftwechsel etc.) einen entscheidenden Einfluss auf die Ergebnisse.
Gemäss VVEA sind Holzbauteile vor der Entsorgung oder Wiederverwendung auf PCP zu untersuchen. Für die Analytik vor Umbauten bestehen keine verbindlichen Vorgaben. Gemäss unserer Erfahrung wird das Holz meist auf PCP, Lindan und DDT untersucht. Die hier präsentierten Untersuchungen und Recherchen zeigen aber, dass in der Schweiz auch Dieldrin und allenfalls weitere Insektizide grossflächig eingesetzt wurden. Insbesondere bei der Umnutzung von Scheunen oder Dachböden zu Wohnraum wird zum Ausschluss einer möglichen Gesundheitsgefährdung ein umfassendes Analysenprogramm empfohlen, das neben PCP, Lindan und DDT mindestens noch Dieldrin enthält. Damit kann verhindert werden, dass belastetes Holz zu einer möglichen Gesundheitsgefährdung in bewohnten Innenräumen führt oder ins Baustoffrecycling gelangt.
Literaturverzeichnis:
[1] Bosshardt, H.-P. (1972). Pflanzenschutz und Umwelt. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen, Band 123, Heft 10. Abrufbar unter: https://doi.org/10.5169/seals-765074
[2] Interpellation Curt Signer – Wädenswil vom 3. Februar 1969 über Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln in Lebensmitteln, StAZH MM 24.78 KRP 1969/063/0483
[3] ARGEBAU (1997). Richtlinie für die Bewertung und Sanierung von Pentachlorphenol-belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden (PCP-Richtlinie). Fassung Oktober 1996
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